Sophie Fetthauer:
Musiker und Musikerinnen im Shanghaier Exil 1938–1949.
816 S., ISBN 978-3-95675-033-5, 68,00 Euro
(= Musik im „Dritten Reich“ und im Exil, Band 21)

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Mehr als 450 Musiker und Musikerinnen waren unter den etwa 18.000 überwiegend jüdischen Flüchtlingen aus Deutschland und Österreich, die ab 1938 vor der NS-Verfolgung in die chinesische Hafenstadt Shanghai flohen. Für die meisten war die Stadt kein Wunschziel, die zunächst teilweise, später ganz von den Japanern besetzt war. Kriegsbedingt gab es dort aber gerade keine Einreiseformalitäten.
Für die Zeit bis zur Machtübernahme der Kommunisten 1949 war das Shanghaier Exil in politischer, kultureller und sozioökonomischer Hinsicht ein Ausnahmefall. In der 3,5 Millionen-Stadt lebten überwiegend Chinesen, daneben existierten aber exterritoriale Niederlassungen von Franzosen, Briten und US-Amerikanern. Außerdem gab es zahlreiche weitere Ausländergruppen, darunter russische Revolutionsflüchtlinge, Auslandsdeutsche und die Mitglieder bagdadisch-sephardischer und russisch-aschkenasischer jüdischer Gemeinden. Die Flüchtlinge hatten dabei zeitweilig mit einer verordneten Ghettoisierung, Kriegseinwirkungen, Inflation und Mangelversorgung zu kämpfen.
Vor diesem komplexen Hintergrund wird in dem vorliegenden Band erstmals umfassend die Frage nach den (sub-)kulturellen Bedingungen, den beruflichen Wirkungsfeldern und last but not least die Frage nach Anpassung und Abgrenzung der geflüchteten Musiker und Musikerinnen gestellt. Manche integrierten sich in die etablierten, meist westlich geprägten Konzert-, Bühnen- und Unterhaltungsbetriebe sowie in das musikalische Ausbildungswesen. Daneben entwickelte die Flüchtlingsgemeinschaft im Stadtteil Hongkew ein eigenständiges Musikleben. Der Integrationsgrad in das „Stadtleben“ war dabei sehr unterschiedlich. Einige passten sich an die Gegebenheiten an und konnten in einen produktiven Austausch mit eingesessenen Kollegen oder Schülern treten. Andere blieben dem Musikleben einer Flüchtlingssubkultur verhaftet. Manche strebten in beide Richtungen oder mussten ihren Musikberuf aufgeben.
U. a. stehen folgende Themenfelder im Blickfeld: die Rolle der Hilfsorganisationen im Vorfeld des Exils • populäres Musikleben • gewerkschaftliches Engagement • klassisches Musikleben und Institutionalisierung • Shanghai Municipal Orchestra • Bühnenschaffen • Kantoren in Synagoge und Konzert • Musikpädagogen und chinesische Schülerkreise • kompositorische Aktivitäten • Weiterwanderung und Wiedergutmachung nach Kriegsende.


Information in English about the title Sophie Fetthauer: Musicians’ Exile in Shanghai, 1938–1949

More than 450 musicians were among the approxi-mately 18,000 mostly Jewish refugees from Ger-many and Austria who fled from Nazi persecution to Shanghai since 1938. For most of them, the Chinese port city, which was first partially and later completely occupied by the Japanese army, was not a preferred destination. Due to the war, however, Shanghai did not exercise immigration controls.
For the period before the Communists came to power in 1949, the Shanghai exile was an excep-tional case in political, cultural and socioeconomic terms. The 3.5 million inhabitants of the city were predominantly Chinese, but there were extraterritorial settlements of French, British and Americans, and there were also numerous other groups of foreigners, including refugees of the Russian revolution, Germans living abroad and members of the Baghdadi-Sephardic and Russian-Ashkenazi Jewish communities. The situation was marked by temporary ghettoization, the destructions of war, and shortages.
Against this complex background, this volume is the first comprehensive examination of the conditions of the professional spheres of activity, the (sub) cultural developments, and the adaptation and demarcation of the musicians who fled to Shanghai. Some of them were integrated into the established, mostly Western-influenced concert, stage and entertainment venues as well as into the musical education system. In addition, the refugee community developed its own musical life in the Hongkou district. The degree of integration into “city life” thus varied greatly. Some adapted to the circumstances and were able to engage in a productive exchange with long-established colleagues or students. Others remained attached to the musical life of a refugee culture. Some aspired in both directions, others had to give up their musical career entirely.
Topics covered include: the role of aid organizations in preparing the exile • popular music scene • trade union involvement • classical music scene and in-stitutionalization • the Shanghai Municipal Orches-tra • stage productions • Jewish cantors in syna-gogues and concerts • music educators and Chinese student circles • activities of composers • migration and rehabilitation after the end of the war.





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