Frank Schneider:
Form und Klang.
Essays und Analysen zur Musik von Friedrich Goldmann.
Hrsg. von Reiner Kontressowitz und Gisela Schneider.
400 Seiten, Hardcover, ISBN 978-3-95675-029-8, 29,80 Euro
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Als Friedrich Goldmann (1941–2009) zwei Jahrzehnte nach dem Mauerfall
starb, wurde er landauf landab in den Medien mit der (west-)stereotypen
Formel gewürdigt, dass er „einer der führenden Vertreter der
zeitgenössischen Musik in der DDR“ gewesen sei. Bei seiner Trauerrede
setzte Frank Schneider ein großes Fragezeichen hinter diese Floskel,
suggeriert sie doch ein harmonisches Einverständnis zwischen dem
Komponisten und jenem Staat. Sie vernachlässigt zudem Friedrich
Goldmanns internationale Bedeutung für die Neue Musik. „Und während die
Aussage zu Recht den Hauptteil seines Œuvres mit jener Zeit und diesem
Ort verbindet“, so Schneider, „unterschlägt sie doch die schlichte
Tatsache, dass Frieder Goldmann sie zwanzig Jahre komponierend
überlebte, ohne dass seine ästhetischen Überzeugungen und seine
schöpferische Kraft sich ersichtlich gewendet hätten.” Der Komponist
Friedrich Goldmann war eine überragende Begabung. Er konnte sich seit
den 1970er Jahren in der DDR gegen offizielle doktrinäre
Kunstanschauungen durchsetzen. Das gilt insbesondere für Bereiche wie
Sinfonik und Kammermusik.
Dieser spezifischen Avantgarde eine
legimitierende Stimme zu geben, hatte sich der Musikwissenschaftler
Frank Schneider zur Hauptaufgabe seiner forschenden und publizistischen
Arbeit gemacht. Zwischen 1970 und 1990 widmete er dem Schaffen
Goldmanns bevorzugte Aufmerksamkeit und begleitete in persönlicher Nähe
die Entstehung fast aller seiner Kompositionen. Zu ihnen verfasste
Schneider zahlreiche Analysen.
Mit der Berufung Schneiders zum
Intendanten des Konzerthauses am Berliner Gendarmenmarkt, die von 1991
bis 2009 währte, pausierte dieser musikwissenschaftliche Schwerpunkt.
Aber er konnte Friedrich Goldmann dreimal zu neuen Kompositionen für
das Orchester des Hauses anregen. Die Besprechungen dieser Werke sind
2019/20 eigens für diese Textsammlung neu geschrieben worden. Dies gilt
auch für “De profundis” für großes Kammerorchester, das zwar als eines
seiner radikalsten Werke schon 1977 entstand, aber vom Komponisten der
Öffentlichkeit zu Lebzeiten vorenthalten wurde.
Der vorliegende
Band vereint ältere Texte Schneiders – darunter bisher oft nur schwer
zugängliche – mit neuen Werkbetrachtungen. Sie geben Zeugnis von allen
Schaffensphasen des Komponisten, der ab 1991 als Professor für
Komposition an der Universität der Künste Berlin lehrte und u.a.
Kompositionskurse in Seoul, Tokio und Kyoto gab.