Im
vorliegenden Band der Schriftenreihe »Musik im ›Dritten
Reich‹ und im Exil« untersucht der schwedische Historiker
Henrik Rosengren den Lebensweg von fünf
Musikerpersönlichkeiten aus Deutschland und Österreich, die
im Exilland Schweden Zuflucht vor NS-Verfolgung fanden. Die
»Exulanten« – so die von Rosengren verwendete
Bezeichnung – waren der Musikschriftsteller und Pädagoge
Maxim Stempel (1898-1972), der Musikwissenschaftler und Museumskurator
Ernst Emsheimer (1904-1989), der Musikhistoriker, Cembalist und
Publizist Richard Engländer (1889-1966), der Komponist und
Musikpädagoge Hans Holewa (1905-1991) und der Musikkritiker und
Pädagoge Herbert Connor (1907-1983). Sie waren von der
NS-Rassengesetzgebung betroffen, obwohl ihr Bekenntnis zum Judentum nur
schwach oder gar nicht ausgeprägt war.
Den kollektivbiographischen Ansatz aufgreifend, analysiert der Autor
die Bedingungen des schwedischen Exils in der Vorkriegs- und
Kriegszeit. Darüber hinaus verfolgt er das Hineinwachsen in und
die Akkulturation der »Exulanten« an die schwedische
Gesellschaft bis ca. 1965. Er überprüft ihre
»Loyalitäten« (Albert O. Hirschman), d.h. ihre
politischen, kulturellen und sozialen Orientierungen, und die Rolle der
schwedischen Geheimdienste, die insbesondere gegen »linke«
Bekenntnisse misstrauisch waren. Welche Bezugspunkte besaßen die
»Exulanten«, die von ihrer Herkunftsgesellschaft (und
Kultur) ausgestoßen worden waren? Gefragt wird vor allem: Welchen
Beitrag leisteten sie zum schwedischen Musikleben? Welche Rolle
spielten sie als Vermittler eines deutschsprachigen Kulturerbes im
Hinblick auf das schwedische Kulturmilieu und Musikleben? Last but not
least geht Rosengren der Frage nach, wie die späteren
Staatsbürger Schwedens das Musikleben in Deutschland – in
Ost wie West – nach dem Zweiten Weltkrieg beurteilten.
Lässt sich wirklich (mit dem Publizisten Per T. Ohlssons)
behaupten, dass erst die deutschsprachigen Flüchtlinge in Schweden
»die Fenster des ›Volksheims‹ nach
Zentraleuropa« geöffnet haben?