Die Operette
erfreute sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts großer
Beliebtheit und war auch im „Dritten Reich” meistgespieltes Genre des
musikalischen Unterhaltungstheaters.
In
dieser ersten umfassenden Studie zur Operettengeschichte in der NS-Zeit
folgt Matthias Kauffmann einem Diktum der Musikwissenschaftlerin
Anneliese Landau (1903-1991), die Operetten als „treue Abbilder jener
Menschen, zu deren Unterhaltung sie einmal geschrieben worden sind“,
verstand. Studien zur NS-Kulturgeschichte folgen oft der Frage nach der
propagandistischen Instrumentalisierung von Kultur durch den
(„Führer”-)Staat. Landaus Prämisse folgend erhebt Kauffmann hier den
Anspruch auf einen neuen, rezeptionsästhetischen Zugang, quasi „von
unten”. Dabei behält der Autor die – wiederum „von oben” – als
„undeutsch“ diffamierten und von den NS-Machthabern verbotenen
traditionellen Spielarten des Genres und die erfolglose NS-Konstruktion
einer „Deutschen Operette“ im Blickfeld. Hierauf baut er aber einen
dritten großen Abschnitt auf. Er wirft einen Blick auf den
Theateralltag. Die Operette als Genre wird damit für die Zeit von 1933
bis 1945 selbst zum normativen Indikator der kulturgeschichtlichen
Analyse, im Spannungsfeld zwischen herrschenden Ideologien und der
alltäglichen Lebenspraxis. Denn auch das zahlende Publikum war nicht
unbedingt ein berechenbarer Faktor.
Der
Autor wertet erstmals umfangreiches Archivmaterial zur Geschichte des
Berliner Metropoltheaters aus, der führenden Operetten-Institution im
„Dritten Reich” (der späteren Komischen Oper).
Die Arbeit wurde 2014 an der Ludwig-Maximilians-Universität in München als Dissertation angenommen.