Christian Bunners:
Protestantismus und Literatur.
Der Dichter Fritz Reuter (1810-1874).
ISBN 978-3-932696-88-6, Broschur, 260 Seiten, 19,80 Euro
(= Schriftenreihe Mecklenburger Profile, Band 6)
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Der Theologe und
ausgewiesene Reuter-Forscher, Christian Bunners, hat eine Reihe von
Einzelbeiträgen über Fritz Reuter veröffentlicht, die
hier – durch neue Studien ergänzt und vermehrt – in
gesammelter Form vorgelegt werden. Dabei beleuchtet der Verfasser die
bisher wenig beachteten christlich-protestantischen Motivlagen im Werk
des Bestsellerautors aus dem 19. Jahrhundert, der auch international
einen Ruf hatte (übersetzt in europäische Sprachen, ins
amerikanische Englisch bis hin ins Japanische) – und etwa von dem
US-amerikanischen Tom-Sawyer-Schöpfer und Reuter-Freund Mark Twain
(1835-1910) Wertschätzung und überschwängliche
Auseinandersetzung mit dem Werk erfuhr.
Weder diese
internationale Beachtung als deutscher Erfolgsschriftsteller, die
Bestseller-Kultur, die über Norddeutschland hinaus im 19.
Jahrhundert Reuter umgab, noch seine Rolle als Protagonist eines
liberalen deutschen Protestantismus finden bis heute angemessenen
Eingang in die Reuter-Rezeption in Schulbüchern,
Literaturgeschichten, Lexika und an Jubiläumstagen.
Dort subsummiert
man Fritz Reuter weiterhin oft – zu Unrecht – als einen
„platt“-deutsch schreibenden Humorschriftsteller aus
Mecklenburg, die Lektüre seiner Werke wird – ohne jedes
sozialgeschichtliches Verständnis – in die Ecke eines
Kalauer suchenden Publikums gedrängt.
In der
Schieflage dieser Rezeptionsgeschichte(n) geht Christian Bunners auf
den Intellektuellen und Protestanten Reuter in einzelnen Analysen ein.
Bunners
Ausgangspunkt: 1865 habe man auf dem Deutschen Protestantentag
ausgesprochen, dass Fritz Reuter mit seinen Dichtungen für wahres
Christentum mehr geleistet hat als alle orthodoxen Pastoren.
Er skizziert
Reuters religiöse Biografie und seine Beziehungen zum liberalen
Protestantismus des 19. Jahrhunderts. Dabei geht er u.a. der
Naturauffassung Reuters in seinem Versepos „Hanne Nute“
ebenso nach wie seiner Ethik für den Umgang mit Geld und Besitz im
Roman „Dörchläuchting“. An der Gestalt der
„lütt Frau Pasturin“ Behrens im Roman „Ut mine
Stromtid“ wird Reuters Ideal von Nächstenliebe
veranschaulicht. U.a.m.
Rezeptionen
Reuters von Theologen im 20. Jahrhundert werden vorgestellt. So ist dem
Widerständler Dietrich Bonhoeffer (1906-1945) ein Beitrag gewidmet.
Bunners Fazit in
diesen Studien könnte man wie folgt zusammenfassen: Reuter
gehört zu den Wenigen in seiner Zeit, die aus religiöser
Motivation heraus gegen soziale Ungerechtigkeit und gegen politische
und kirchliche Bevormundungen protestiert haben. Von
befreiungstheologischen Positionen her hat Reuter besonders die
,kleinen Leute' und Menschen am Rande der Gesellschaft im Blick seines
Werks gehabt und hat eine Menschen nahe Kirche gefordert.
Allen
Reuter-Liebhabern sei mit diesem Band ein neuer Blick auf den
Erfolgsschriftstellers des 19. Jahrhunderts versprochen. In jedem Fall
holt Christian Bunners den Schriftsteller Reuter wieder einmal aus der
Ecke des mecklenburgischen Kalauer-Schriftstellers heraus und
würdigt ihn unter protestantisch theologischen Blickwinkel
über das „Platte“ in „deutscher(n)“
Geistesgeschichte(n) hinaus: Als Schriftsteller mit international
reichenden emanzipatorischen Ansprüchen von Aktualität.