Boris von Haken:
Der „Reichsdramaturg“
Rainer Schlösser und die Musiktheater-Politik in der NS-Zeit
ISBN 978-3-932696-64-0; 236 S., Hamburg 2007; 29,80 Euro
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Der
„Reichsdramaturg“ Rainer Schlösser (1899-1945) war
einer der wichtigsten Akteure in der Kulturpolitik des NS-Staats. Als
Leiter der Theaterabteilung hatte der promovierte Germanist seinen
Amtssitz im „Ministerium für Volksaufklärung und
Propaganda“, dessen Chef Goebbels war. Von hier aus kontrollierte
er das gesamte Musiktheater: Intendanten, Verlage, Sänger,
Orchestermusiker, Librettisten und Komponisten waren von seiner
Überwachung und seinem Dirigismus betroffen.
In der vorliegenden Studie betrachtet der Musikwissenschaftler Boris
von Haken Schlössers Wirken und seine Amtsführung, die mit
ihren Unterdrückungs- und Gängelungsmechanismen einem
ständig fortgesetzten Provisorium glich. Schlössers
Musiktheater-Politik blieb auf Interventionen in Spielpläne und
auf Erteilung von Aufführungsverboten beschränkt. Der
überzeugte Parteigänger vermochte es nicht, eine neue, der
NS-Ideologie immanente Musiktheater-Programmatik zu formulieren und
durchzusetzen. Er stand in ständiger Konkurrenz mit anderen
Repräsentanten des NS-Staats, die auf die Theaterpolitik und das
Musiktheater einzuwirken versuchten.
Themenfelder der vorliegenden Arbeit sind: Etablierung der
„Reichsdramaturgie“ - Erste Aktivitäten -
Aufführungsverbote - Berufsverbote - Spielplanpolitik -
Ausländische Musik - Kulturpolitik im Krieg - Kompentenzen und
Kompetenzbeschränkungen Schlössers im NS-System -
Musiktheater und deutsche Besatzungspolitik - Das Ende Schlössers
und der „Reichsdramaturgie“.
Pressestimmen:
„Die längst überfällige Untersuchung konzentriert sich auf das Musiktheater.“
Rheinischer Merkur, Nr. 28 – 2007
„Boris von Haken hat keine Biografie dieses Mannes geschrieben,
sondern eine auf umfänglichen Archivalien basierende Studie
über die Tätigkeit des ‚Reichsdramaturgen‘. Die
entschiedene Konzentration auf die ‚Aktenlage‘ ist die
grosse Stärke der Untersuchung (...)“
Neue Zürcher Zeitung, Nr. 46 – 2008
„So blieb von der hochtrabend angekündigten Erneuerung der
‚deutschen Musik‘, von den volks- und artgerechten
Stücken und den ‚amphitheatralischen Räumen‘
vorerst nur die mißgünstige, wilde Denunziation, die alle
Ordnungsversuche sogleich unterminierte. Das Propagandaministerium und
insbesondere Schlösser waren daher sehr bald bemüht, wilde
Zensurmaßnahmen zu unterbinden und die konkurierenden
NS-Kulturverbände wieder in ihre Schranken zu weisen. Daß
der Autor der Studie zum Reichsdramaturgen darin durchaus keinen
Widerspruch, sondern einen spezifischen Ausdruck
nationalsozialistischer Politik und Verwaltungspraxis erkennt, ist eine
der großen Stärken des Buches.“
Konkret, H. 9 – 2008
„Von Haken arbeitet die verwirrende verwaltungsjuristische
Entstehung einer seltsamen Institution der NS-Bühnenpolitik bis
ins letzte Detail auf. (...) Interessant schließlich, dass
NS-Funktionäre selbst in der scheinbar unverfänglichen Frage
der Stimmtonhöhe für den Kammerton a eine
anti-internationalistische, völkische Lösung anstrebten. Ist
die Farbe des berühmten deutschen Orchesterklangs also braun? Ist
die ganze Diskussion völkisches Erbe?“
Die Opernwelt: 9/10 – 2007
„Die zentralen systematischen Kapitel verdeutlichen anhand vieler
Einzelbeispiele deutscher Theater und Opernhäuser sowie der
Bezüge zum Ausland das politische Fadenspiele der subtilen
„Menschenführung“ der Beamten des
Propagandaministeriums mit dem Hauptziel der Durchsetzung der
unsäglichen „Blut- und Boden“-Ideologie. Zudem macht
von Haken auf zahlreiches, bisher für die Musikwissenschaft noch
kaum ausgewertetes Quellenmaterial aufmerksam (...)“
Die Musikforschung: H. 1, 2009