Voigt, Boris:
Richard Wagners autoritäre Inszenierungen.
Versuch über die Ästhetik Charismatischer Herrschaft.
ISBN 978-3-932696-36-7
, Hardcover, Hamburg 2003,  264 S., 40,00 EURO


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Ästhetik ist ein fundamentaler Bestandteil charismatischer Herrschaft. Von dieser These läßt sich der Autor des vorliegenden Buchs leiten.
Richard Wagner und sein Werk sind ein idealer Untersuchungsgegenstand, um die Bezüge zwischen Charisma und Ästhetik darzustellen. Damit wird ein Beitrag zum Verständnis der Persönlichkeit, des Denkens und der musikdramatischen Werke des Komponisten vorgelegt, - Wagners Beziehung zu seinen Anhängern, zum Bayreuther Kreis werden von Voigt dabei berücksichtigt.
Wie hat Wagner seine Anhänger gesehen, welche Erwartungen hatte er an sie? Wie haben die Anhänger ihn wahrgenommen? Welche Auswirkungen hatte ihre Beziehung zu Wagner auf ihre Lebensführung, ihr Denken, ihre Wahrnehmung?
Im Mittelpunkt dieser Studie, am Phänomen Wagner die ästhetischen Aspekte von Charisma aufzuweisen, stehen die musikalischen Dramen Der Ring des Nibelungen und Parsifal. Gezeigt wird, wie der Komponist mit seinen Musikdramen versuchte, eigene Weltanschauungen dem Zuhörer und -schauer durch Musik zu vermitteln.
Das Buch schließt mit einer Betrachtung über die Bedeutung von Charisma im Übergang vom zwanzigsten auf das einundzwanzigste Jahrhundert. Können am Beispiel Richard Wagners Züge charismatischer Inszenierungen gezeigt werden, die auch heute Relevanz besitzen?

Inhalt

                    I. Einführung

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                    II. Theoretische Grundlegungen

            1. Charisma als soziologischer Begriff

Alltagssprachlicher und wissenschaftlicher Charisma-Begriff – Max Webers Idealtypus der charismatischen Herrschaft – Charisma als revolutionäre Macht – Erlösungsbedürfnis in Notsituationen – Die charismatische "Führerfigur" bei Weber und Durkheim – Außeralltäglichkeit und Veralltäglichung – Die Versachlichung von Charisma – Das Problem der Entgegensetzung von Charisma und Rationalität

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   2. Das Außeralltägliche – Skizzen zu einer Ästhetik des Charisma

Komplementarität von Alltag und Außeralltäglichkeit – Historische Wandlungen von Außeralltäglichkeit – Die vier Kategorien von Außeralltäglichkeit – Die Außeralltäglichkeit der charismatischen Persönlichkeit – Das außeralltägliche Erleben der Anhängerschaft – Die charismatische Botschaft: Erzählung und Anti-Erzählung – Die Außeralltäglichkeit von Gegenständen – Webers Überlegungen zur charismatischen Funktion von Kunst

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III. Charismatische Herrschaft und ihre Inszenierung bei Richard Wagner

1. Erzählung und Anti-Erzählung im kulturellen und historischen Kontext

Paris als Schlüsselerlebnis Wagners – Wagners Vorstellungen über Kunst und Staat, das Umschlagen von Gesellschaftskritik in Erzählung und Anti-Erzählung – Wagner als "vollkommener Ausdruck des 19. Jahrhunderts" - Die revolutionäre Euphorie 1848/49 und das Kunstwerk der Zukunft – Communitas: Gemeinschaft und Kunstwerk – Die Sehnsucht nach Überzeitlichkeit – Das Volk schafft die Kunst – Nation und Kunstwerk, das Charisma der Nation – Die Idee der Nation und des Gesamtkunstwerks als Ausdruck eines gemeinsamen Habitus – Das Scheitern der Revolution und Wagners Antisemitismus – Die strukturelle Gleichheit von Erzählung und Anti-Erzählung bei Wagner, der Verfolger als der Verfolgte – Feindbild und reale Defizienzerfahrung – Die normative Wirkung von Wagners Antisemitismus auf seine Anhänger, die Anti-Erzählung als innere Drohung – Die Radikalisierung des Gegensatzes von idealer und realer Sphäre in Wagners Denken – Selbststigmatisierung: das Leiden als Zeichen der Auserwähltheit

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2. Wagners Selbststilisierung und -inszenierung – Charakterliche Eigenschaften, die zu seinem Charisma beitragen

Stellung und Aufgabe des Künstlers in Wagners Schriften – Ästhetischer und ethischer Geltungsanspruch des Kunstwerks bei Wagner – Wagner über das Dirigieren – Das Charisma des Dirigenten – Wagners Selbstinszenierung im Bild – Das Bild als Multiplikator von Charisma – Wagners Theatralik – Auserwähltheit und Leiden – Die zitathafte Form des Leidens bei Wagner – Theatralik als Habitus

 

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3. Wagners Gesamtkunstwerk als charismatische

Inszenierung – Verwischung der Grenze zwischen Kunst und Realität Kunst als gegenständliches Außeralltägliches

 

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a) Subreption und Intensität als ästhetische Verfahren der Vermittlung von Weltanschauung

Sinnliche Vermittlung von Weltanschauung durch Kunst – Verwandlung sprachlicher Inhalte in Gefühl: die Alliteration – Sprache und Versmelodie – Wagners Sprachtheorie und Das Judentum in der Musik – "Mauscheldeutsch" – Die Sprache des Gesamtkunstwerks als mythischer Wort- und Namenszauber, Subreption – Das Zusammenwirken der Medien Musik, Sprache und Bühne in Wagners musikdramatischer Konzeption – Musikalische Gebärden in der ersten Rheingold-Szene: die Vermittlung von Körperbildern durch Musik – Verwandlung ästhetischer Kriterien in ethische – Walkürenritt I – Musikalische Gebärden sind Übertragungen von Emotionsgehalten, die Judenkarikaturen – Walkürenritt II: musikalische Intensität – Die Definition von Intensität – Musikalische Signifikation am Beispiel des Walkürenmotivs – Subreption und Intensität

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b) Musikalische Versinnlichung von Erzählung und Anti-Erzählung

Wotans Zornesausbruch im zweiten Aufzug der Walküre: die Steigerung von Intensität – Die psychologische Funktion von Fluch und Ring – Wotans Entfremdung vom Ursprung und der Verfall der Welt – Die Autoritätsstruktur im Ring des Nibelungen – Erzählung und Anti-Erzählung im Parsifal: die Ambivalenz charismatischer Autorität – Amfortas, Erlösung zwischen Lust und Schmerz – Blut des Sünders und Blut des Erlösers: die strukturelle Identität von Erzählung und Anti-Erzählung im Parsifal – Die Erkenntnisszene im zweiten Parsifal-Aufzug – Parsifals "Wiedererleben der Gralsfeier" – Der Gral als charismatische Autorität – Konsonanz und Dissonanz

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c) Die Metaphorik des Blutes in Parsifal, Ring und Wagners Schriften

Blut als Symbol für Gemeinschaft – Nation, Religion und Volksgemeinschaft – Wagners Vorstellungen über den Verfall des Blutes und die Regeneration – Der Geschwisterinzest als Symbol reinen Blutes im Ring des Nibelungen – Thomas Manns Novelle Wälsungenblut – Die Unreinheit des Blutes im Ring des Nibelungen – Wagners Adaption der Gobineauschen Rassentheorie – Die Rolle der Juden in Wagners Rassentheorie – Blutreinigung und Blut des Erlösers – Die Schließung der Wunde im Parsifal – Rassenfrage und Parsifal, die Ambivalenz seiner Symbolik – Das charismatische Geheimnis – Der Rätselcharakter von Kunst und das charismatische Geheimnis, Kunstreligion

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d) Gesamtkunstwerk als sinnliche und ideologische Totalität Das Charisma der Ästhetik des Erhabenen

Die Verdeckung des willkürlich Geschaffenen und Gewollten am Kunstwerk bei Wagner – Kunst und Natur im Gegensatz zur Gesellschaft – Die Suspension der techne im Abendmahlsthema des Parsifal – Klangflächen: das Rheingold-Vorspiel – Die Ästhetik des Erhabenen – Das Erhabene in Gestalt der unendlichen Melodie – Der "mystische Abgrund" im Bayreuther Festspielhaus – Die Autorität des Erhabenen – Die Entzauberung der Welt und ihre zweite Verzauberung – Die Suspension der techne bei Wagner und der geschichtliche Wandel visueller Wahrnehmung – Das Publikum im musikalischen Drama – Das musikalische Drama als geschlossene Ausdruckstotalität

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e) Festspielidee und Festspielhaus

Das Theatergebäude als integraler Bestandteil von Wagners musikdramatischer Konzeption – Abgrenzung gegen den öffentlichen Theaterbetrieb – Der Patronatsverein – Verschwörung gegen Bayreuth – Gegensatz von Großstadt und ländlicher Idylle – Wagners Festspielidee im Kontext der nationalen Feiern im 19. Jahrhundert – Das Festspielhaus: Provisorium und Tempel – Das Festspielhaus als Beglaubigung von Wagners Charisma

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4. Wagner und die Wagnerianer – Wagners Vorstellungen über seine Anhänger und sein Verhalten ihnen gegenüber – Der Bayreuther Kreis

Eine Mitteilung an meine Freunde: Wagners Verhältnis zu seinen Anhängern – Adepten I: Theodor Uhlig und Hans von Bülow, die Auswirkungen von Charisma auf Denken und Lebensführung – Die Bildung einer Anhängergemeinde – Der Bayreuther Kreis – Die organisatorische Struktur charismatischer Herrschaftsverbände – Adepten II – Hans von Wolzogen – Heinrich von Stein – Ludwig Schemann – Josef Rubinstein – Die absolute Identifikation mit charismatischer Autorität führt zum Kollaps – Die Auswahlkriterien für die dargestellten Wagnerianer – Das Bildungsbürgertum – Musik und Ideologie – Die verschworene Gemeinschaft: die Aufnahme der charismatischen Botschaft im Kreis der Wagnerianer

 

195

IV. Wagners charismatische Inszenierung im Blick des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts

Charisma als mediale Inszenierung – Die Verschwisterung von Charisma mit den Alltagsmächten rationaler Planung – Die Verzauberung des sinnlichen Erlebens durch die Suspension der techne – Ideologisierung sinnlicher Wirklichkeit – Unterwerfung als Genuß – Die Funktion von Musik in Zusammenhängen charismatischer Herrschaft – Wissenschaftliche Verantwortung und der Begriff der charismatischen Herrschaft

233

Abkürzungen

245

Literatur

1. Allgemeine Literatur – 1.1 Soziologische Theorie, Charisma, Ästhetik – 1.2 Historik – 1.2.1 Gesellschaft, Kunst, Musik – 1.2.2 Antisemitismus, Rassismus – 2. Literatur zu Richard Wagner – 2.1 Zu Wagners Person und Werk – 2.2 Zu Wagners Umfeld und Anhängern

246

Danksagung

256

Namenregister

257

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