Alfred Vagts:
Hüben und Drüben.
Autobiographische Schriften.
Aus dem Nachlass herausgegeben von Peter Schütt,
unter Mitarbeit von Ursula Hensler und Detlev Vagts.
296 Seiten, ISBN 978-3-932696-78-7, 19,80 Euro
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Alfred Vagts
(1892-1986) wurde als ältester Sohn eines Windmüllers in
Basbeck (heute Hemmoor) an der Niederelbe geboren. Er besuchte zunächst die
Lateinschule in Otterndorf, machte 1910 sein Abitur in Hannover und
leistete danach in Göttingen seinen Militärdienst ab. Seit
dem Wintersemester 1911/12 studierte er in München Geschichte,
Literatur und Theaterwissenschaft. Im Seminar von Arthur Kutscher
lernte er die Repräsentanten des literarischen Expressionismus
kennen, unter ihnen Becher, Benn, Klabund Toller und Mühsam. Er
begann unter ihrem Einfluß Gedichte zu schreiben.
Ende 1914 wurde
er zum Kriegsdienst eingezogen. Er kämpfte an der Ostfront, an der
es weit weniger hurrapatriotisch zuging als an der Westfront. Seit dem
Dezember 1914 veröffentlichte er in der Zeitschrift "Die Aktion"
regelmäßig Gedichte gegen den Krieg.
Im Winter
1917/18 nahm er als Vertreter des Rates der Offiziere an den
Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk teil. Ein Jahr später
beteiligte er sich an der Münchener Räterepublik. Er wandte
sich jedoch von den radikalen Kräften ab, ging 1919 nach Hamburg
und setzte dort sein Geschichtsstudium fort, das er mit einer Promotion
über die Rolle des Öls in der mexikanischen Revolution
abschloss. Für die Arbeit hatte er von Außenminister
Stresemann persönlich eine Ausnahmegenehmigung zum Studium der
Akten im Archiv des Auswärtigen Amtes erhalten.
1922
gehörte Vagts zu den ersten deutschen Studenten, die nach dem
Krieg ein Stipendium zum Studium in den USA erhielten. Er lernte den
bekannten amerikanischen Historiker Charles Beard kennen, besuchte ihn
in den folgenden Jahren mehrfach und heiratete 1927 dessen Tochter
Miriam, die selbst schriftstellerisch tätig war. Ab 1925 arbeitete
Alfred Vagts am Hamburger Institut für auswärtige Politik,
unter anderem zusammen mit Hans von Dohnanyi, Theodor Haubach und Albrecht Mendelssohn. Seit 1920 war er Mitglied der SPD.
Bereits im
November 1932 hatten Alfred und Miriam Vagts Deutschland verlassen und
waren über London in die USA emigriert. An den Universitäten
von Harvard und Princeton übernahm er Gastprofessuren und wurde in
Sherman, Connecticut, sesshaft. In New York betätigte er sich in
der SPDnahen Gruppe "Neues Beginnen" und war im Herbst 1944 der
Hauptredner auf einer Gedenkveranstaltung für die ermordeten
Widerstandskämpfer, unter ihnen sein Freund Hans von Dohnanyi.
Wie schon nach
dem Ersten- trat Vagts auch nach dem Zweiten Weltkrieg für die
Versöhnung zwischen beiden Völkern ein und plädierte als
einer der ersten für den Brückenschlag mit
Nachkriegsdeutschland. Er unterstützte im Hungerwinter 1946/47 die
CARE-Paket-Hilfsaktion und erklärte in der amerikansichen Presse
öffentlich, warum er seinem Jugendfreund Gottfried Benn
Lebensmittel geschickt habe, auch wenn er mit den Nazis paktiert habe:
"damit er nicht verhungert und Gelegenheit zum Nachdenken über
seine Irrtümer hat."
In den
Forschungen zur deutschen Exilliteratur spielt Alfred Vagts nur eine
geringe Rolle, weil er bereits ab 1937 hauptsächlich in englischer
Sprache publizierte. Er war ein durchaus erfolgreicher Sachbuchautor.
Sein Taschenbuch "Hitlers Second Army" über die
paramilitärischen Verbände der Nazis erreichte eine Auflage
von 300.000 und wurde zur Pflichtlektüre für alle GIs, die in
Deutschland Krieg führten. 1951 dachte Alfred Vagts an eine
Rückkehr nach Deutschland. Er bewarb sich um einen Lehrstuhl am
historischen Seminar der Universität Hamburg. Der international
bekannte Historiker, Hauptwerk: History of Militarism, Civilian and
Military, wurde aber wegen "fehlender Lehrerfahrung" abgelehnt. Diese
Zurückweisung hatte ihn tief gekränkt. Seither ist er nur
noch selten nach Deutschland gereist.
Im hohen Alter
hat Alfred Vagts damit begonnen, seine Memoiren zu schreiben. Seine
Lebenserinnerungen sind unvollendet geblieben. Alfred Vagts hat
einzelne Kapitel seiner Memoiren an seine in Deutschland lebende Nichte
Ursel Hensler zur Überarbeitung und zur Übertragung in
Reinschrift geschickt. Andere Abschnitte hat er deutschen Freunden und
seinem Neffen Peter Schütt zur kritischen Lektüre zugesandt.
Aus diesen
Materialien und aus dem Nachlass hat Peter Schütt in enger
Zusammenarbeit mit dem in Boston lebenden Sohn, Prof. Detlev Vagts, und
mit seiner Kousine Ursel Hensler eine Auswahl aus den
autobiographischen Schriften des Schriftstellers und Historikers
zusammengestellt, ergänzt um bislang zum Teil
unveröffentlicht gebliebene Gedichte aus seinen jungen Jahren und
Auszüge aus literatur- und geschichtswissenschaftlichen
Forschungsarbeiten.
Inhalt:
Vorbemerkung des Herausgebers
1. Meine Kindheit und Jugend im Zweistromland zwischen Elbe und Weser
2. Basbecker Gedichte
3. Ritt in die Not - Gedichte
4. Die Otterndorfer Ballade
Exkurs:
Petra Jenny Vock: "Panorama des Todes": Alfred Vagts über Krieg, Revolution und Literatur
in seinen Gedichten, Briefen und Aufzeichnungen 1914-1920
5. Die Münchner Räterepublik
6. Hamburg 1923 bis 1932
7. Amerikanische Aufenthalte in den Zwanzigerjahren
8. Unter Emigranten und Amerikanern
9. Besuche in der alten Heimat
10. Erinnerungen an Gottfried Benn
Nachwort:
Hans-Ulrich Wehler: Alfred Vagts - ein antimilitaristischer Militärhistoriker
Schriftenverzeichnis
Namensregister
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