Reinhard Rösler:
Autoren,
Debatten, Institutionen.
Literarisches Leben in Mecklenburg-Vorpommern
1945 bis 1952
ISBN 978-3-932696-28-2; Hardcover, 232 S., 25,00 Euro
(=
Schriftenreihe Mecklenburger Profile, Bd. 5)
Hiermit liegt erstmals eine Literaturgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns in den Nachkriegsjahren von 1945 bis 1952 vor. Untersucht wird das praktisch-politische Wirken von Schriftstellern, die ab 1945 in der Region aufeinandertrafen (Willi Bredel, Ehm Welk, Adam Scharrer, Hans Franck, Friedrich Griese und andere, - daneben: überregional weniger bekannt gewordene Autorinnen und Autoren wie Karl Kleinschmidt und Karla König). Neben der Beschreibung biographischer Verläufe steht die Frage nach Kontinuitäten und Brüchen im Literaturbetrieb. An ausgewählten Beispielen zeigt der Autor auch auf, wie zwischen 1945 und 1952 in Mecklenburg-Vorpommern Literatur vermittelt wurde. Welche Rolle spielte der Kulturbund zur demokratischen Erneuerung Deutschlands im literarischen Leben? Die mit den Blättern Demokratische Erneuerung und Heute und Morgen seinerzeit tatsächlich existierende relativ eigenständige regionale Zeitschriftenpublizistik wird ebenso untersucht wie die Entwicklung der Verlage, der Volksbibliotheken und Leihbüchereien. Dabei werden bisher unausgewertete Archivalien herangezogen.
Gliederung (mit Angabe der Seitenzahlen)
Einleitung 7
Der "Weltfremde auf Frankenhorst". Bemerkungen zu Hans Franck 17
Der Fall Friedrich Griese 29
Ehm Welk im literarischen Leben Schwerins und Mecklenburgs nach 1945 44
"Wolken provinziellen Tratsches" oder
Realismusstreit?
Der Welk-Scharrer-Streit 1947/48 im Schweriner Kulturbund
67
Ergänzung eines Bildes: Karl Kleinschmidt, Karla
König und andere 80
Domprediger,
Sozialist, Publizist, Schriftsteller und manches mehr: Karl Kleinschmidt
81
Vergessene Dichterin und
"Kamerad der Künstler" in Schwerin: Karla König 91
Willi Bredel und der Kulturbund in
Mecklenburg-Vorpommern 99
Willi
Bredel in Mecklenburg-Vorpommern 102
Kulturbund und Literatur 114
Zeitschriftenpublizistik in Mecklenburg nach 1945
125
Demokratische Erneuerung
125
Heute und Morgen
130
Verlage und Verlagsproduktion in Mecklenburg
146
Ideologische Grundlagen und
materielle Voraussetzungen 146
Peter E. Erichson und der Rostocker Hinstorff Verlag
156
Der Schweriner
Petermänken-Verlag 165
Weitere
mecklenburgische Verlage 175
Volksbibliotheken und Leihbüchereien in
Mecklenburg nach 1945 181
Leseverhalten und Literaturbedürfnisse als Faktoren des literarischen
Lebens 181
Die Säuberung der
Bibliotheksbestände 183
Zum
Neuaufbau des Bibliothekswesens in Mecklenburg-Vorpommern 194
Verzeichnis der benutzten Abkürzungen 223
Namensregister 225
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Rezensionen
Aus:
Ostsee-Zeitung, vom 19./20. Juli
2003
Weltoffen in der
Provinz
Von Gerd Richardt
Sonderlich spannend klingt das nicht: "Autoren, Debatten,
Institutionen. Literarisches Leben in Mecklenburg-Vorpomern 1945 bis 1952". Es
sei denn, der Leser hätte zu dem Thema schon vorher ein Neugierverhältnis
entwickelt. Auch ist der Stil des Rostocker Literaturwissenschaftlers Prof.
Reinhard Rösler zwischen exakt und dröög anzusiedeln. Aber! Wer sich einmal
darauf einläßt, kommt aus dem Stauen nicht mehr heraus. Literarische Größen von
nationalem Ruf - Ehm Welk, Willi Bredel, Hans Franck und Friedrich Griese - und
regionale Gestalten - wie der illustre SED-Pastor Karl Kleinschmidt und das
Rostocker Verleger-Original Peter E. Erichson - werden von der Patina der
Vorurteile, des Verklärten und Anekdotischen befreit oder gar aus dem Vergessen
geholt. Der Streit zwischen Welk und Scharrer, der mit Scharrers Herztod endet.
Bredel, der sich entgegen der Berliner Zentrale für ein weltoffenes Kulturleben
einsetzt. Der missverstandene Bauerndichter Friedrich Griese, für den darin kein
Platz ist - höchst lebendig wird, was Rösler zumeist in den Archiven
fand.
Sichtbar wird ein quirliges, erstaunlich unprovinzielles
und zugleich regional weitgehend eingenständiges literarisches Leben, wie man es
am Rande der Sowjetischen Besatzungszone so nicht erwartet hat. Die Rolle des
Theaters und der Tageszeitungen konnte nicht bleuchtet werden, was Reinhard
Rösler im Vorwort selbst bedauert. Eine erweiterte Auflage sollte der
Vollständigkeit halber auch den im untersuchten Zeitraum verstorbenen Dichtern
Gerhart Hauptmann und Hans Fallada einige gesonderte Zeilen widmen.
Nichtsdestotrotz: Dieses Buch schließt eine Lücke. Es ist das Standardwerk. Man
wird künftig nicht um "den Rösler" herumkommen.
Aus:
Mecklenburg Magazin, Beilage der "Schweriner
Volkszeitung" - vom 30.5.2003.
Fundierte Literaturgeschichte
Als Ergebnis mehr als zehnjähriger Forschungsarbeit liegt nun erstmals ein
Band vor, der das literarische Leben in Mecklenburg und Vorpommern in den Jahren
vom Zusammenbruch der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft bis zur Auflösung
des Landes, also von den Jahren 1945 bis 1952, darstellt. Vorangegangen war ein
immenses Quellenstudium im Archiv und die Auswertung persönlicher
Aufzeichnungen.
Anders als in Veröffentlichungen früherer Jahre wird der Zeitraum sehr
kritisch beleuchtet. Mit der ihm eigenen Akribie hat der Rostocker
Hochschuldozent Reinhard Rösler, bekannt durch Beiträge und Vorlesungen zur
jüngeren Literaturgeschichte des Landes, in seinem Band die Haltung von
Schriftstellern wie Hans Franck, Friedrich Griese, Ehm Welk, Karl Kleinschmidt,
Karla König u.a. zur "neuen Zeit", die Gründung des Kulturbundes sowie das
Verlags- und Bibliothekswesen innerhalb der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung
dokumentiert.
Breiten Raum nimmt das bisherige Tabuthema "Welk-Scharrer-Streit" ein, an
dessen Ende der proletarisch-revolutionäre Schriftsteller Adam Scharrer 1948 im
Schweriner Haus des Kulturbundes am Pfaffenteich einen Herzschlag erlag (S.
70).
Die Zentralfigur des Landes-Kulturbundes war Willi Bredel. Sein Verdienst ist
es nicht nur, im Land ein im Vergleich zur übrigen SBZ und frühen DDR
einzigartiges kulturelles und besonders literarisches Leben initiiert zu haben,
sondern auch, gegen den "Berliner Zentralismus", die Herausgabe von
eigenständigen regionalen Zeitschriften in Form von "Demokratische Erneuerung"
und "Heute und Morgen" durchgesetzt zu haben. Besonders letztere, in der
Tradition der Gillhoffschen Monatshefte stehend, entwickelte sich zum
wichtigsten Periodikum mecklenburgischer Autoren wie Herbert Bartholomäus, Edith
Krull, Walter Pegel, Alexander Stenbock-Fermor, Bruno Theek u.a.
Die Schwierigkeiten bei der Neugründung bzw. Wiederzulassung
mecklenburgischer Verlage durch die sowjetische Besatzungsmacht wie Hinstorff in
Rostock, Petermänken in Schwerin, Peter-Paul in Feldberg und Sauerland in
Ludwigslust werden ebenso behandelt wie die Säuberungen der Bibliotheken von
nazistischer und militaristischer Literatur sowie der Aufbau eines neuen
Bibliothekswesens. Das Personenregister verleiht der wissenschaftlichen Edition,
die trotz unvermeidlicher Fußnoten gut lesbar ist, den Charakter eines
Nachschlagewerks, das eine Lücke in der bisherigen Aufarbeitung
mecklenburgischer Literaturgeschichte schließt. - Man kann schon heute, wobei
einige Druckfehler hätten fehlen können, von einem Standardwerk reden - nämlich
von dem (sic.!) Reinhard Rösler. hbr.
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Der Autor, Reinhard Rösler, geb. 1940 in Schlesien, aufgewachsen in Thüringen, seit mehr als dreißig Jahren Wahlmecklenburger. Germanistikstudium in Jena; Deutschlehrer in Ballenstedt am Harz und in Schwerin, dann Deutschlektor und Germanist im Ausland (Bagdad, Kairo, Klausenburg, Danzig). 1980 Promotion zum Dr. phil., 1988 Habilitation. In den 80er Jahren Tätigkeit in Forschung und Lehre an der Pädagogischen Hochschule Güstrow und an der Universität Rostock im Bereich Neuere und Neuste deutsche Literatur; seit 1998 Privatdozent in Rostock. Veröffentlichungen zur regionalen Literaturgeschichte im 19. und 20. Jahrhundert, u.a. zu Fritz Reuter, Ehm Welk, Hans Franck, Friedrich Griese, zum literarischen Leben in Mecklenburg in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft.