Thomas Schinköth:
Musik - das Ende aller Illusionen?
Günter Raphael im NS-Staat.
192 S., 2. Aulage, ISBN 978-3-932696-79-4,
19,80 Euro (Schriftenreihe Verdrängte Musik, Band 13)
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Günter
Raphael, am 30. April 1903 in Berlin geboren, lehrte Kompositionen an
verschiedenen Musikhochschulen in Deutschland. Der begabte Komponist
schrieb fünf Sinfonien, geistliche Chorwerke, Kammermusik und
Lieder. Nach dem Zweiten Weltkrieg unterrichtete er in Duisburg, seit
1957 an der Kölner Musikhochschule. Raphael verstarb am 19.
Oktober 1960 in Herford.
Sein
Leben ist mehrfach von Tragik gekennzeichnet. Noch 1933 als
"große und seltene Hoffnung für die Zukunft der deutschen
Musik" gewürdigt, wurde er 1934 als "Halbarier" von seiner
Lehrposition am Leipziger Konservatorium verdrängt. Fortan stand
sein Leben in einem folgenreichen Spannungsfeld von Restriktionen und
Zugeständnissen. Aber auch nach 1945 konnte der in Berlin
ausgebildete Musiker nur bedingt Anerkennung finden, war er doch nicht
bereit, sich unkritisch dem Geist der Nachkriegszeit
anzuschließen.
Ausgehend
von umfangreichen Quellenstudien beschreibt der Autor Raphaels
mehrjährige Kraftproben mit den Behörden des NS-Staates und
seine Auseinandersetzungen mit maßgeblichen Zeitgenossen des
Musiklebens. Erhellt werden Hintergründe und Auswirkungen einer
ausnahmsweise gewährten, zeitweiligen Mitgliedschaft in der
Reichsmusikkammer, Grenzen und Möglichkeiten einer
beschränkten Berufsausübung und die vergeblichen Versuche, in
England und Finnland eine neue Existenz aufzubauen.
Nach knapp
eineinhalb Jahrzehnten ist die erstmals 1996 von Thomas Schinköth
veröffentlichte Monographie über Raphael in 2. Auflage wieder
lieferbar. Thomas Schinköth geht in seiner Untersuchung auch auf
die Entwicklung und Rezeption von Raphaels Schaffen zur Zeit der
"Weimarer Republik" und nach 1945 ein. Grundsätzliche
Betrachtungen zum Œuvre des Musikers ergänzen die Studie.
In den Text chronologisch eingereiht sind kurze
Beschreibungen einiger Werke, darunter die folgenden:
Streichquartette C-Dur
op. 9 und A-Dur op. 28; 1. Sinfonie a-moll; Requiem g-moll für Soli, zwei
gemischte Chöre, Orchester und Orgel op. 20; Te Deum für Soli, achtstimmigen
gemischten Chor, Orchester und Orgel op. 26; Psalm 104 für zwei sechsstimmige
gemischte Chöre a capella op. 29; Motette "Vom jüngsten Gericht" op. 30,1;
Motette "Vom rechten Glauben" (1937); Konzert d-moll für Orgel, 3 Trompeten,
Pauken und Orchester op. 57; Sinfonische Suite für Sopran und Orchester nach
Worten von Hermann Claudius (1942); Sonate für Orgel op. 68; "Das
Glaubensbekenntnis" für zwei gemischte Chöre, Orchester und Orgel op. 64; 6
Galgenlieder für Chor a capella nach Christian Morgenstern op. 78.
Diejenigen,
die in der NS-Zeit lediglich ‚von oben‘ aufoktroyierte
künstlerische Dürrejahre und kurzlebige politische
Radikalisierungen erblicken, deren Duldung und Umschiffung selbst als
Inhaber öffentlicher Ämter nahezu problemlos möglich
war, können der Schrift a priori nicht allzuviel abgewinnen.
Für alle ernsthaft an der Aufarbeitung der NS-Geschichte und ihren
Nachwirkungen Interessierten dürfte dieses Buch allerdings einen
Meilenstein darstellen.
Aus einer Besprechung des GewandhausMAGAZINS zur Erstausgabe.
Interessierte finden mehr Informationen
über das Leben und Werk von Günter Raphael
(auch aktuelle Nachrichten zu Noten und CD's)
auf der Günter Raphael Homepage:
http://www.guenter-raphael.de/