Dieter Fricke:
Jüdisches Leben in Berlin und Tel Aviv 1933 bis 1939
Der Briefwechsel des ehemaligen
Reichstagsabgeorneten Dr. Julius Moses.
ISBN 978-3-928770-87-3; 630 S., Hamburg 1997; 25,00 Euro
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Julius
Moses (1868 bis 1942) war einer der herausragenden sozialdemokratischen
Politiker der Spätphase des Wilhelminischen Reiches und der
Weimarer Republik. Der jüdische Arzt, der 1911 vom
Linksliberalismus zur Sozialdemokratie gekommen war, vertrat seine
Partei von 1920 bis 1932 als engagierter Gesundheitspoltiker im
Deutschen Reichstag. Doch schließlich sollte auch ihn der
berüchtigte dreifache Fluch der Nazis treffen: Jüdisch
– intellektuell – rot.
Eine ausführliche
Lebensbeschreibung des Politikers, Mediziners und Publizisten Julius
Moses liegt nun erstmals vor. Seine Biographie ist ein geradezu
typisches Spiegelbild jüdischen Lebens in Deutschland vor der
Folie des Zweiten Kaiserreiches, der Weimarer Republik und des Dritten
Reiches. Die Kindheit in ärmlichen Verhältnissen im
jüdisch-orthodoxen Milieu des deutsch-polnischen Grenzraums,
Jugend, Schulzeit und Studium in Greifswald, die ersten beruflichen
Erfolge als Allgemeinarzt in Berlin, schließlich der Beginn
parlamentarischer Arbeit ... Stationen eines ebenso ausgefüllten
wie bewegten Lebens.
Der sozial
verantwortungsbewußte Mann – begeisterter Anhänger der
Ideale der 1848er Revolution – engagierte sich schon früh
und mit wachsendem Erfolg politisch, zunächst bei den Liberalen,
ab 1911 bei der aufstrebenden Sozialdemokratie.
Der Aufstieg des assimilierten
deutschen Juden war steil, sein Fall nach der Machtübernahme durch
die Nationalsozialisten um so tiefer. Aber er blieb – obwohl als
prominenter Politiker und Jude doppelt gefährdet – unbeirrt
in Berlin. Der ausgedehnte Briefwechsel mit dem Sohn, der bereits im
Mai 1933 Deutschland verlassen hatte und sich in Palästina
niederließ, erzählt von der langsamen Ausgrenzung der
deutschen Juden im "Dritten Reich" und von der mühsamen
Aufbauarbeit eines jüdischen Staates auf dem historischen Boden
Palästinas. In 185 Briefen kann man die eng miteinander verwobene
Entwicklung in beiden Staaten parallel verfolgen. Aus dem Zusammenspiel
von Korrespondenz und Annotation entsteht ein spannendes und
wirklichkeitsgetreues Panorama jüdischen Lebens in Berlin und Tel
Aviv. Biographische Details, die Fülle an "gelebtem Leben", die
vielen Hinweise auf Julius Moses' Wegbegleiter aus der Familie, aus
Politik, Kunst und Kultur machen die Briefe lebendig und thematisch
facettenreich.
Aus Pressestimmen:
„Gemeinsam mit der einleitenden Biographie über Julius Moses
sowie der hervorragenden quellenkritischen Bearbeitung, die dem Leser
das Verständnis vieler Details erst ermöglicht, entfaltet der
Briefwechsel aber vor dem Leser die ganze Tragödie des deutschen
Judentums, das in seiner Heimat der physischen Vernichtung entgegengeht
und sich anderenorts immer fremd fühlen wird.“
Deutsches Ärzteblatt
„Diese 185 erhaltenen Briefe, unter denen sich einige Antworten
des Sohnes finden, sind eine schöne Ergänzung der
Tagebücher Klemperers.“
Der Tagesspiegel, Berlin
„(...) eine wichtige Quelle, die zugleich intellektuelles
jüdisches Leben der Elterngeneration unter nationalsozialistischer
Herrschaft im Dialog mit zionistisch motiviertem Neubeginn des Sohnes
in Palästina exemplarisch verdeutlicht.“
Wolfgang Benz, Historische Zeitschrift