Kurt
Hiller (1885-1972) gründete 1926 die Gruppe Revolutionärer
Pazifisten. Persönlichkeiten wie Kurt Tucholsky, der linke
Sozialdemokrat Hans Bauer, der Kommunist Erich Weinert, Ernst Toller,
Helene Stöcker, Walter Mehring und andere bedeutende
Intellektuelle schlossen sich der Gruppe an.
Die Gruppe,
kaum mehr als 150 Mitglieder, thematisierte den Zusammenhang von
kapitalistischen Gesellschaftordnungen und kriegerischen
Gewaltpotentialen. „Zum Kapitalismus gehört der
Imperialismus wie das Gebiß zum Tiger; und dies Gebiß wird
immer wieder zuschnappen.“ (Hiller, 1929) In dem Bekenntnis zum
Sozialismus spiegelte sich keineswegs ein einheitliches und einendes
Gesellschaftsbild der Mitglieder wieder. Auch Hillers Politikmodell
einer „Logokratie“ fand Anhänger.
Stets
diskutierte die Gruppe tagespolitische Ereignisse der Weimarer
Republik, den Versailler Friedensvertrag, Reichswehr, Militarismus
u.a.m. Die friedensstiftende Wirkung supranationaler Organisationen
wurde als unzureichend erachtet. Man beschäftigte sich mit dem
Kellogg-Pakt (1928) und der Paneuropa-Idee (Coudenhove-Kalergi).
Kritisch ging man mit dem Genfer Völkerbund ins Gericht. Die
Entwicklung in Russland – das „große soziale
Experiment“ – wurde aufmerksam verfolgt und unterschiedlich
beurteilt.
Die Frage
nach der Anwendung von Gewalt als Mittel des Pazifismus war ein
zentraler Diskussionspunkt, speziell: Soziale Revolution, Methoden
gewaltfreien Widerstands wie Kriegsdienstverweigerung, die
Legitimität des Tyrannenmords (zur Abwendung von Kriegen). Damit
verbunden war stets die Frage: War und ist der revolutionäre
Bürgerkrieg eine pazifistische „Friedensstrategie“?
Früh
diskutierte man die Ursachen des NS-Erfolgs. Ab Anfang der 1930er Jahre
kämpften die „revolutionären“ Pazifisten für
die „Linke Einheit“, um den „Rutsch des Reichs in den
Dreck“ abzuwenden.
Stimmen zur Erstauflage:
„Rolf
von Bockels Untersuchung ist mit Sympathie und
Einfühlungsvermögen geschrieben, ohne unkritisch zu sein. Sie
zeigt am Beispiel der GRP die Stärken und Schwächen der
Weimarer Pazifisten auf und ist insofern nicht nur von historischem
Interesse.“
Guido Grünewald, in: ZivilCourage, 1991, H. 3, S. 18.
„Rolf
von Bockel ist der Aufgabe nicht ausgewichen, sich mit Kurt Hiller und
der Gruppe Revolutionärer Pazifisten kritisch auseinanderzusetzen,
besonders mit ihrer elitär-akademischen Haltung und ihrer
mangelnden Politikfähigkeit.“
Wolfram Wette, in: IWK, Bd. 30, 1994, S. 156