In den 1960er Jahren gab es verschiedene musikalische Richtungen im
kirchlichen Raum. Neben dem Festhalten an der Musik vergangener
Jahrhunderte, der Komposition im „historisierenden“ Stil
der Kirchenmusikalischen Erneuerung oder dem Heraufziehen der Pop- und
Rockmusik bemühten sich manche, Neue Musik als geistliche und
gottesdienstliche Musik zu etablieren und durchzusetzen.
Dabei spielte Clytus Gottwald (*1925) eine zentrale Rolle.
Während seiner Zeit an der Pauluskirche in Stuttgart-West (1958
bis 1970) realisierte er verschiedene Projekte. Sie hatten das Ziel,
zeitgenössische Musik und geistliche Musik –
ausdrücklich auch in Gottesdiensten – zusammenzuführen.
Dazu zählten seine Informellen Gottesdienste und die Dreharbeiten
zu Mauricio Kagels Film Hallelujah. Vor allem mit der Schola Cantorum
Stuttgart erfuhr Gottwald weltweite Anerkennung. Er konnte viele
Auftritte und Uraufführungen von Neuer Musik für Chor a
cappella verwirklichen. Sein Engagement führte dazu, dass die
Pauluskirche bald überregional als ein Zentrum für Neue Musik
bekannt war. Gleichzeitig provozierte es vehement ausgefochtene
Auseinandersetzungen um Neue Musik im kirchlichen Raum. Am Ende stand
Gottwalds Ausscheiden aus dem kirchlichen Dienst im Jahr 1970.
Zerbrach damals die kritische Allianz zwischen Neuer Musik und
kirchlichem Raum? Inwiefern ist diese Entwicklung repräsentativ,
oder wie erging es anderen Akteuren in diesem Bereich, Gerd Zacher,
Dieter Schnebel und Klaus Martin Ziegler? Auch diesen Fragen geht
Katrin Beck in ihrer Arbeit nach. Sie rekonstruiert, interpretiert und
analysiert jenen Wunsch nach neuen Tönen im kirchlichen Raum.
Dabei berücksichtigt sie zahlreiche, bislang unbekannte Quellen.
Die Arbeit wurde 2015 als Dissertation an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart angenommen.